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Aufträge an Anwaltsfirma: Linke und FDP fordern Untersuchung

von dapd Quelle: Handelsblatt Online

Da hat sich eine exotische Allianz gegen Peer Steinbrück gebildet: Linke und FDP schäumen wegen Steinbrücks Kontakten zu einer Großkanzlei. Beide Parteien wollen die Verbindung unter die Lupe nehmen.

In diesem Gebäude am Potsdamer Platz in Berlin hat unter anderem die Großkanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer ihre Büros. Quelle: dpa
In diesem Gebäude am Potsdamer Platz in Berlin hat unter anderem die Großkanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer ihre Büros. Quelle: dpa

BerlinDie Parteien fordern eine genaue Untersuchung der während Steinbrücks Zeit als Finanzminister vergebenen millionenschweren Aufträge an eine Anwaltsfirma. Der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Volker Wissing, verlangte, wegen der Zahlungen von 1,83 Millionen Euro an die Großkanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer alle Bankenrettungsgesetze zu überprüfen, die unter Steinbrücks Federführung auf den Weg gebracht wurden. Linksparteivize Sahra Wagenknecht rief die FDP auf, dazu mit der Linken einen Bundestagsuntersuchungsausschuss einzurichten.

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Freshfields Bruckhaus Deringer hatte das Finanzministerium während Steinbrücks Amtszeit von 2005 bis 2007 unter anderem bei der Erstellung des Gesetzes zur Bankenrettung beraten. Dies ist seit langem bekannt. Die genaue Höhe der Vergütung hatte das Ministerium aber zunächst geheim gehalten. Erst nach einer erfolgreichen Klage der "Bild"-Zeitung gab es die Information heraus.

Für Aufregung hatte zudem gesorgt, dass Steinbrück nach Ende seiner Amtszeit am 12. September 2011 bei der Kanzlei einen Vortrag gehalten hat, für den er 15.000 Euro Honorar einstrich. Einem Zeitungsbericht zufolge lief die Zusammenarbeit zwischen der Kanzlei und dem Ministerium auch in dieser Legislaturperiode weiter.

Linksparteichef Bernd Riexinger nannte die Zahlungen einen Fall für den Bundesrechnungshof. "Im Finanzministerium arbeiten Hunderte fähige Juristen, die tagtäglich Gesetze und Verordnungen entwerfen", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". "Es ist absolut nicht einzusehen, dass die nicht fähig sein sollen, ein so wichtiges Gesetz selbst zu schreiben." Dafür trage Steinbrück die volle Verantwortung. "Das riecht bestenfalls nach Verschwendung von Steuergeld und schlimmstenfalls nach Betrug", sagte Riexinger.

Wissing sagte, Steinbrück habe das Bankenrettungsgesetz von einer Kanzlei mit guten Verbindungen zur Finanzwirtschaft formulieren lassen und sei von dieser später als gut bezahlter Redner gebucht worden. So entstehe zumindest der Anschein eines Rückerstattungsgeschäfts. "Insbesondere sollte geklärt werden, inwieweit Kunden der Kanzlei Freshfields von den Gesetzen des damaligen SPD-Finanzministers profitiert haben", sagte er.

Linksparteivize Wagenknecht sagte, Linke und FDP hätten im Bundestag zusammen genügend Stimmen, um einen Untersuchungsausschuss einzurichten. "Wenn der gute Wille da ist, kann der Ausschuss noch vor der Niedersachsenwahl auf den Weg gebracht werden", sagte sie der "Leipziger Volkszeitung". Sie will dabei nicht nur klären, "ob die Banken selbst die Gesetze geschrieben haben, die Milliarden an Steuergeldern in ihre Kassen umgeleitet haben", sondern auch, "seit wann und ob das Finanzministerium von kriminellen Bankenmachenschaften wie der Manipulation von Kreditzinsen und der bandenmäßigen Steuerflucht gewusst und dies womöglich toleriert" habe.

Steinbrücks Sprecher Michael Donnermeyer versicherte, bei der Auftragsvergabe an Freshfields sei alles mit rechten Dingen zugegangen. "Die Vergabe an Freshfields Bruckhaus Deringer ist durch das Ministerium ordnungsgemäß erfolgt. Sie hat Steinbrück als Minister gar nicht erreicht", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Steinbrücks Vortragstätigkeit sei zudem vollständig transparent.

Die Düsseldorfer "Rheinische Post" berichtete über eine Auflistung des Bundesfinanzministeriums, wonach Freshfields im laufenden Jahr auch Steinbrücks Nachfolger Wolfgang Schäuble (CDU) beraten hat. Ein Ministeriumssprecher sagte der Zeitung dazu, sein Haus beauftrage "externe Berater in unterschiedlichen Sachzusammenhängen, etwa im Bereich der Rechtsberatung, der Unternehmensberatung, der Wirtschaftsberatung, der Forschung".

Der Auflistung zufolge erhielten 2012 mindestens 13 Kanzleien, Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsfirmen Beratungsaufträge. Neben Freshfields waren das Hengeler Mueller, Deloitte & Touche, Ernst & Young, Luther, White Case, Waldeck, Heimann & Partner, KPMG, KL Gates, McKinsey, Barclays Capital, Allen & Overy sowie Redeker Sellner Dahs.

Wagenknecht forderte in den Dortmunder "Ruhr Nachrichten" die Offenlegung aller Honorare, die seit dem Jahr 2000 an Anwaltskanzleien für die Erarbeitung von Finanzmarktgesetzen geflossen sind.

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