Den Aktienmärkten steht eine "ausgewachsene Rally" bevor, ist Analyst Stephen Suttmeier von Bank of America Merrill Lynch überzeugt. Zurzeit befände sich der Markt aber noch im Korrekturmodus ganz genau so, wie es der US-Präsidentschaftszyklus vorhersieht.
Es funktioniert
Der US-Präsidentschaftszyklus untersucht den Einfluss der Präsidentenwahl auf die Kursentwicklung an den Aktienmärkten und kann laut dem technischen Analysten Robert Rethfeld von Wellenreiter-Invest als "einer der wenigen funktionierenden regelmäßigen Zyklen in der Finanzwelt" bezeichnet werden. Mehr dazu lesen Sie in unserem
Hintergrund-Artikel zum US-Präsidentschaftszyklus.
Demnach lässt die Performance der US-Indizes Dow Jones und S&P 500, aber auch des deutschen Leitindex Dax in US-Präsidentschaftswahljahren bis Ende Mai durchaus zu wünschen übrig.
Starke drei Monate
Und tatsächlich: Laut einer ganz frischen, Ende April vorgelegten Studie der Bank of America sind die Monate April und Mai die schwächsten Börsenmonate des ganzen Wahljahres. Der S&P 500 hat im Schnitt zwischen 1928 und 2011 in Wahljahren im April um 0,6 und im Mai um 1,3 Prozent nachgegeben.
Wer daraus aber schlussfolgert, Anleger seien mit der altbekannten, schon leicht angegrauten Börsenregel "Sell in May" gut beraten, der irrt gewaltig. Denn dieser Schwächephase folgen in US-Präsidentschaftswahljahren äußerst starke drei Monate: Im Juni legt der S&P 500 im Schnitt 1,4 Prozent, im Juni knapp 2,0 und im August sogar 3,1 Prozent zu.
Luftholen vor der Jahresendrally
Diese Haussephase steht im völligen Gegensatz zu gewöhnlichen Börsenjahren, in denen Anleger gut beraten sind,
dem Aktienmarkt im August und September fernzubleiben.
In Wahljahren ist im Anschluss an die Sommerrally dann für September und Oktober mit leichten Rücksetzern an den Börsen zu rechnen, bevor sich der Markt nochmals zu einer fulminanten Jahresendrally aufschwingt. "Die Börse beendet das Jahr tendenziell auf Jahreshoch", erklärt Jörg Scherer, Leiter Chartanalyse bei HSBC Trinkaus.
Kaufen zur Jahresmitte?
Für den Privatanleger wie den institutionellen Investor bedeutet dies: Die erste Jahreshälfte kann er getrost vergessen, ein Einstieg an der Börse lohnt sich erst zur Jahresmitte dann aber richtig: Laut Statistik beträgt der durchschnittliche Gewinn zwischen Ende Mai und Anfang November im Wahljahr gut neun Prozent.
Normalerweise lege der Markt in dieser Phase gerade einmal ein Prozent zu, so Dimitri Speck, technischer Analyst und Herausgeber von SeasonalCharts.de. Ein Ausstieg aus dem Markt empfehle sich schließlich relativ rasch nach der Wahl, wenn die Zeit der bitteren Pillen beginnt.
Nicht der Weisheit letzter Schluss
Auch wenn die statistischen Ergebnisse bestechend sind: In den Finanzwissenschaften herrscht keineswegs Einigkeit darüber, ob man lange Zeitreihen wirklich dazu benutzen kann, um Rückschlüsse auf künftige Renditen zu ziehen. Fakt ist sicherlich: Es gibt immer Ausnahmen von der Regel.
So ist auch das Börsenjahr 2012 bislang eher untypisch für ein US-Präsidentschaftswahljahr verlaufen. Statt eines schwachen Jahresbeginns stehen beim S&P 500 bislang Kursgewinne von zehn Prozent zu Buche; der Dax konnte seither sogar zwölf Prozent zulegen.
Insofern wäre es in der Tat fahrlässig, sich in seinen Anlageentscheidungen einzig und allein vom US-Präsidentschaftszyklus leiten zu lassen. Um ein schlüssiges Gesamtbild zu erhalten, ist es unabdingbar, das ganze Repertoire der technischen wie fundamentalen Analyse zu berücksichtigen.
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