boerse.ARD.de klärt auf

Vom Regen in die Traufe: Vorsicht bei Umtauschangeboten 

Die Firma IEnergy aus Zug hat in den vergangenen Wochen Umtauschangebote an Privatanleger verschickt, die Griechenlandanleihen im Depot haben. Das Angebot verspricht auf den ersten Blick einen Ausweg aus dem Schuldensumpf: Anleger können ihre Griechenlandanleihen gegen Aktien der Smart Grids AG tauschen. Die Smart Grids AG ist ein Tochterunternehmen der IEnergy. Der Deal: Für einen Nominalwert von 1.000 Euro gibt es 100 Aktien der Smart Grids AG.

Die IEnergy bedient sich dabei einer Sonderbedingung für Wertpapiergeschäfte. Sie veröffentlicht ihr Angebot im elektronischen Bundesanzeiger, woraufhin die depotführenden Banken verpflichtet sind, das Angebot an ihre Kunden weiterzuleiten. IEnergy muss so noch nicht einmal Porto zahlen. Bei einigen Anlegern weckt der Briefkopf der Depotbank zudem eine falsche Vertrauenswürdigkeit, denn die Bank hat nichts mit dem Angebot zu tun. Sie ist lediglich verpflichtet, das Angebot weiterzuleiten.

BaFin warnt eindringlich
Die BaFin warnt auf ihrer Homepage eindringlich davor, "Anteile gegen Aktien von Unternehmen zu tauschen, deren Werthaltigkeit fraglich ist". Sie empfiehlt, die Angebote gründlich zu prüfen. Das hat boerse.ARD.de getan. Je tiefer unsere Recherche ging, desto zwielichtiger wurde die Angelegenheit.

Schon rein rechnerisch ist das Angebot nicht lukrativ. Stellt man den aktuellen Kurs der betreffenden Anleihe und die aufgelaufenen Stückzinsen dem Aktienkurs gegenüber, würde der Käufer einen Verlust von 15 Euro pro Einheit machen. Hinzu kommt, dass die BaFin zuletzt vermehrt Hinweise erhielt, dass bei der Smart-Grids-Aktie Marktmanipulation betrieben werde. Sollte das zutreffen, droht ein weitaus größerer Verlust, da die Aktie auf ein unnatürliches Niveau gepusht wurde.

Auskunft: Fehlanzeige
Ein Blick auf die Smart Grids AG verrät: Das Unternehmen ist erst im März 2010 aus dem Mantel der BRG Vermögensverwaltung hervorgegangen. Seitdem ist Smart Grids im Bereich Photovoltaik aktiv und überzeugt, den Schlüssel zu den Erneuerbaren Energien zu liefern. Das jedenfalls schreibt Smart Grids auf seiner Homepage. Dort wurde auch im Januar bekannt gegeben, das Unternehmen baue eine Solaranlage von 2,8 MW in Dessau. Wir riefen bei dem Unternehmen an und fragten, wie weit der Bau fortgeschritten ist. Doch wir erhielten keine Auskunft. Eine Mitarbeiterin versprach uns einen Rückruf, doch dieser blieb aus. Ein nochmaliger Versuch, mit der Bitte Verantwortliche des Unternehmens zu sprechen, scheiterte ebenfalls.

Auch ein Blick in den Geschäftsbericht sorgt für Ernüchterung. Die Smart Grids verfügt über Sachanlagen von gerade einmal 2.206 Euro. Erlöse wurden im vergangenen Jahr nicht erwirtschaftet, dafür steht ein Verlust von 175.000 Euro in den Büchern.

Mehr Schein als Sein
Ein Versuch, über die Muttergesellschaft Näheres von den Verantwortlichen zu erfahren, scheitert ebenfalls. Der Bürodienstleister "Focus" ist am Apparat. Dieser ist unter der angegebenen Firmenadresse von IEnergy aufgelistet. Wir haben es also mit einer Briefkastenfirma zu tun. Wir fragen nach, wollen mit den Verantwortlichen von IEnergy, Roland Bacon und Roland Döbele, sprechen. Auch der Bürodienstleister versichert uns einen Rückruf, der ebenfalls ausbleibt.

Dafür ergibt die Recherche über Roland Bacon und Roland Döbele interessante Details. Beide stammen aus dem Umfeld der Schweizer "Grüezi Invest AG". Die Tochter "Grüezi Real Estate" hat zahlreiche Klagen am Hals. Die Berliner Anwaltskanzlei Schulte und Partner vertritt mehrere Geschädigte. Dem Vorstand Ernst Bär wird vorgeworfen, Käufer mit falschen Informationen über den Tisch gezogen zu haben. Bär wurde bereits zu mehreren Schadensersatzzahlungen verurteilt. Die Aktie der Grüezi Real Estate ist derweil längst zum Pennystock verkommen.

Das Spiel mit der Angst
Nicht nur auf die Besitzer von Griechenlandanleihen hat es die IEnergy abgesehen. Das Unternehmen verschickt verschiedenste Angebote: Solar Millennium, Tonkens, UniImmo Europa, um nur einige zu nennen. Eines haben die Werte gemeinsam, sie mussten in jüngster Zeit herbe Verluste einstecken. In den vergangenen Krisenjahren sind die Angebote wie Pilze aus dem Boden geschossen. Je mehr sich die derzeitige Schuldenkrise zuspitzt, umso leichter dürfte es Firmen wie IEnergy gelingen, ihre Umtauschangebote an die Anleger zu bringen, die verzweifelt nach der rettenden Lösung suchen. Zwar sind nicht alle Umtauschangebote als unseriös anzusehen. Im Falle von IEnergy spricht aber sehr viel dafür, dass Griechenlandanleihen im Vergleich zu Smart-Grids-Aktien das geringere Übel sein dürften.